Interessanterweise hat an der diesjährigen NAB in Las Vegas die Blackmagic Cinema Kamera allen die Show gestohlen. Wahrscheinlich war es mehr wegen dem Fakt, dass Blackmagic als einer der grössten Player im TV-Business den Schritt zum Kamerasektor gewagt hat und mit einer sehr unkonventionellen zahlbaren Kamera auf den Markt gestossen ist. Für Sony als langjährige Produzentin von fast allem, was Strom verbraucht, scheint es hingegen schwieriger zu sein, die Aufmerksamkeit auf sich zu richten. Selbst bei der Ankündigung der NEX-FS700 waren keine Scharen vor dem Sony-Stand zu sehen; dabei hätte sie es verdient: 240 Frames in der Sekunde in FullHD, ein Super 35mm Sensor aus der F3, 4K-ready, HD-SDI out und eingebaute ND-Filter lassen die Augen der Kameraleute funkeln.
Kurz nach der Ankündigung schrieb ich José Garcia von Schweizer Video: “Sag mir Bescheid, wenn du die erste Kamera hast….Will die Kamera unbedingt asap testen!”
Mitte Juni durfte ich eine der ersten Serienkameras für 2 Wochen ausgiebig testen. Dazu gabs ein Compact Prime Set von Zeiss (21mm, 28mm, 50mm, 85mm) mit PL-Mount und dazu passend einen NEX-to-PL-Mount-Adapter. Zu gerne hätte ich meine Canon- und Nikon Foto-Gläser getestet, leider liessen die Adapter von Metabones noch auf sich warten….ohne die geht’s leider nicht, denn ohne eine elektronische Verbindung zwischen Kamera und Linse lässt sich die Blende nicht anpassen. In dieser Situation schätzt man mechanischen Blendenringe von alten Foto-Optiken bzw von Cine-Gläsern.
Während 2 Tagen habe ich gedreht…
Beim Lesen der Specs beginnen meine Augen nach wie vor zu leuchten:
Eine der grossen Schwachpunkte der allermeisten DSLR-Kameras ist die Unfähigkeit, 50p in FullHD aufzuzeichnen. Stellt 1080p25 für die Webausgabe kein Problem dar, ist bei Abgabe an Broadcaster mit Stirnrunzeln oder gar einer Rückweisung des Materials zu rechnen. Techniker, Editoren und Redaktionsmitglieder beklagen sich immer wieder über die ruckligen 25p-Bilder. 50i oder 50p bringt dabei deutlich weichere Bewegungen. Schnellere Schwenks sind plötzlich smooth und wirken nicht wie aus einem Maschinengewehr geschossen. Und da aus 25p kein richtiges 50i hergestellt werden kann, mit 50p aber alle gängigen Raten (25p fürs Web, 50i fürs Fernsehen und 50p für Slowmotions und künftige Fernsehverwendung) ohne grossen Aufwand und ohne Interpolation gerechnet werden können, ist 50p in den allermeisten Fällen vorzuziehen.
Bei Slowmotionaufnahmen gewinnt man hingegen die doppelte Zeit bei 25p im Vergleich zu 50p. Da die meisten Slowmos schliesslich sehr weiche Bewegungen sind, werden sie auch in 25p von Broadcastern ohne Probleme akzeptiert.
Nur zu gerne hätte ich einen 10bit Ausgang. Bei Greenscreen und anderen Effekt-Shots sind die Unterschiede zwischen 256 (bei 8bit) und 1024 Helligkeitsunterschieden (bei 10bit) pro Kanal einfach riesig! Beim Keyen dankt man für jede Zusatzinformation.
Mit dem HD-SDI-Signal kann man mit externen Rekordern in Schnitt-freundliche (fast) unkomprimierte Formate aufzeichnen. Bei Projekten mit viel Footage und wenig Edit-Zeit ein wahrer Segen!
Graufilter eingebaut zu haben, bedeutet weniger Gepäck! Hatte man bei DSLR für jede Linse einen oder gar mehrere Schraubfilter im Gepack, kann man nun getrost darauf verzichten. Der Drehregler ist allerdings etwas fummelig in der Bedienung.
DSRL Shooters erfreuen sich ob der professionellen Audio-Inputs! VJs und News-Kameraleute kennen gar nichts anderes…
Die Kamera zeichnet auf SD-Karte oder auf 128GB Flashspeicher (HXR-FMU128).
Der Codec ist der einzige Punkt, der mir etwas Bauchschmerzen bereitet. Für Projekte, bei denen die Coloristen ihre grossen Farbtöpfe rausholen, ist AVCHD mit 28Mbit/s und 4:2:0 Farbsampling schlichtweg nicht geeignet. Für solche Drehs unbedingt einen externen Rekorder verwenden!
Für die meisten Videos, sei es fürs TV oder Web, ist der Codec allerdings ausreichend.
Die beiden Kameras waren auf einem Rig montiert und wurden gemeinsam bewegt. Der Rolling Shutter der Sony NEX-FS700 ist ca. 20-30% weniger ausgeprägt als bei der Canon 5D Mk2.
Die Kamera hat mir auch in Low-Light Situationen sehr zugesagt. Bis 4000 ISO kann ich für die meisten TV-Produktionen ohne schlechtes Gewissen verwenden!
Die Kamera ist unglaublich vielseitig und dennoch leicht. Der Preis ist heiss! Die Slowmo das Killerkriterium!